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Experten der Theoretischen und der Experimentalphysik aus 10 Nationen,
darunter aus Frankreich, Schweden, Großbritannien und Deutschland, aber
auch aus Israel, Russland, Polen und Ungarn kommen zum traditionellen
Workshop "Neue Entwicklungen in der Computerphysik" (CompPhys07). Auf
der Tagesordnung des 8. Workshops stehen unter anderem
Modellierungsansätze und Computersimulationen von Makromolekülen.
Veranstaltet wird der Workshop vom Naturwissenschaftlich-Theoretischen
Zentrum der Universität Leipzig.
Makromoleküle haben eine relativ große Molekülmasse und bestehen aus
bis zu mehreren 100 000 Bausteinen. "Sie bilden die Grundlage für
Plastikmaterialien, für viele Farben und sie werden in der
Nahrungsmittelindustrie eingesetzt.", sagt Professor Dr. Wolfhard
Janke, Leiter der Abteilung "Computerorientierte Quantenfeldtheorie" am
Institut für Theoretische Physik der Leipziger Universität und
Veranstalter des internationalen Workshops. "In der speziellen Form von
Proteinen spielen sie eine wichtige Rolle bei allen Vorgängen des
Lebens." Dabei sei es von besonderer Wichtigkeit, wie sich Proteine in
ihre dreidimensionale Anordnung falten, wie sie an Membranen andocken
und wie sie aneinander haften.
"Ein besseres Verständnis der grundlegenden Mechanismen könnten
Simulationsverfahren bringen. Sind diese zuverlässig, könnten daraus
wichtige Schlussfolgerungen für die Bekämpfung bisher unheilbarer
Krankheiten wie Alzheimer gezogen werden.", so Janke weiter. " Von
aktuellem praktischen Interesse sind aber auch die Wechselwirkung von
organischen Proteinen mit anorganischen Festkörperoberflächen." Ein
Ziel sei es z.B., die kontrollierte Selbstorganisation von
Molekülstrukturen an Halbleiteroberflächen so gut zu verstehen, dass
sie bei opto-elektronischen Bauelementen von Bedeutung werden könnten.
Dieser Themenschwerpunkt spielt auch eine große Rolle in der
Graduiertenschule "Building with Molecules and Nano-objects", kurz
BuildMoNa", für die die Universität Leipzig im Rahmen der
Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder den Zuschlag bekam, und
im internationalen Promotionskolleg "Statistical Physics of Complex
Systems", das seit diesem Sommer durch die Deutsch-Französische
Hochschule gefördert wird.
Vielfalt von Computersimulationen
Neben diesem Schwerpunkt werden Fragestellungen zur dynamischen
Entwicklung komplexer Systeme fernab vom Gleichgewicht diskutiert, aber
auch Gittereichtheorien zur Beschreibung der Eigenschaften von
Elementarteilchen sowie Überlegungen zur Quanteninformatik. "Diese
scheinbar weit auseinanderliegenden Gebiete haben oft erstaunlich
ähnliche Grundlagen, die immer wieder für gegenseitige Anregungen
sorgen und so eine gemeinsame Behandlung in einem Workshop sehr
fruchtbar machen.", resümiert Professor Janke.
Durch diese bewusst interdisziplinäre thematische Ausrichtung ist der
Workshop im Zentrum von Physik, Chemie und Biologie bzw. den
profilbildenden Forschungsbereichen PbF1, PbF2 und PbF3 angesiedelt.
Modellierung von "Nanotubes"
Am Donnerstag Abend findet das gemeinsam mit dem Workshop veranstaltete
Physik-Kolloquium der Fakultät für Physik und Geowissenschaften statt.
Professor Joan Adler vom Technion in Haifa, Israel, ist eine
Spezialistin auf dem Gebiet der Modellierung und Simulation von "Carbon
Nanotubes". Sie spricht über ihre Forschungsergebnisse zu diesen
aufgerollten nanoskopischen Graphitzylindern. Dabei wird Adler auch
erläutern, wie potentielle Anwendungen als Membranen für Gasseparation
und als Massensensor zum "Abwiegen" sehr kleiner Moleküle aussehen
könnten. Die in Zusammenarbeit mit Chemie- und Elektroingenieuren
erarbeiteten neuen Erkenntnisse werden auch durch Computeranimationen
graphisch illustriert. Dieser Themenkomplex hat einen engen Bezug zu
der gerade eingerichteten sächsischen Forschergruppe "From Local
Constraint to Macroscopic Transport".
Professor Wolfhard Janke freut sich vor allem darüber, dass sich zum
traditionellen Workshop nicht nur Wissenschaftler aus Westeuropa
angemeldet haben, sondern wie schon im letzten Jahr auch wieder
Kollegen aus Russland, Ungarn und Polen. Insbesondere mit der
Universität in Krakow habe man über eine Institutspartnerschaft der
Alexander von Humboldt Stiftung inzwischen eine sehr enge
Zusammenarbeit aufgebaut.
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